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Nationaler Rahmen: Im Unterschwellenbereich relevante Gesetze

Mehrere Bundesländer haben mittlerweile die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) vom 2.2.2017 für anwendbar erklärt (teilweise mit Modifikationen hinsichtlich der einzelnen Wertgrenzen und der Geltung für bestimmte öffentliche Auftraggeber).

§ 23 Abs. 2 UVgO (Leistungsbeschreibung)

„Die Leistungsbeschreibung kann auch Aspekte der Qualität sowie soziale, innovative und umweltbezogene Merkmale umfassen. Diese können sich auch auf den Prozess oder die Methode zur Herstellung oder Erbringung der Leistung oder auf ein anderes Stadium im Lebenszyklus des Auftragsgegenstands einschließlich der Produktions- und Lieferkette beziehen, auch wenn derartige Faktoren keine materiellen Bestandteile der Leistung sind, sofern diese Merkmale in Verbindung mit dem Auftragsgegenstand stehen und zu dessen Wert und Beschaffungszielen verhältnismäßig sind.“

§ 24 Abs. 1 UVgO (Nachweisführung durch Gütezeichen)

„Als Beleg dafür, dass eine Leistung Dienstleistung bestimmten, in der  Leistungsbeschrei-bung geforderten Merkmalen entspricht, kann der öffentliche Auftraggeber die Vorlage von Gütezeichen nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 verlangen.“

Dabei sind die Anforderungen an die zu verwendenden Gütezeichen in der Unterschwelle etwas geringer. Denn die in der Oberschwelle existierende Forderung nach der grundsätzlichen Eignung des Gütezeichens für die Bestimmung der Merkmale der Leistung und die Verbindung mit dem Auftragsgegenstand fehlt in der UVgO.

Umstritten ist, ob daneben der öffentliche Auftraggeber auch berechtigt ist, pauschal auf ein Gütezeichen zu verweisen, um seine Anforderungen an den Leistungsgegenstand zu beschreiben. Während die Regelung der VgV nur von einer Verwendung des Gütezeichens als „Beleg“ spricht, lässt Erwägungsgrund 75 der Richtlinie 2014/24/EU auch eine „Bezugnahme“ zu. Diese Richtlinie ist zwar nur für den Oberschwellenbereich maßgeblich. Die ihr zugrunde liegenden Erwägungen lassen sich aber auch auf den Unterschwellenbereich übertragen.

Wenn eine Bezugnahme auf ein Gütezeichen stattfindet, aber nicht alle Anforderungen des Gütezeichens aus Sicht des Auftraggebers erfüllt werden müssen, um dem Leistungsverzeichnis zu genügen, ist der öffentliche Auftraggeber gem. § 24 Abs. 3 VgV jedoch verpflichtet, die betreffenden Anforderungen zu benennen.

§ 43 Abs. 2 UVgO (Zuschlag und Zuschlagskriterien)

„Die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots erfolgt auf der Grundlage des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses. Neben dem Preis oder den Kosten können auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Zuschlagskriterien berücksichtigt werden, insbesondere:

1. die Qualität, einschließlich des technischen Werts, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Zugänglichkeit der Leistung insbesondere für Menschen mit Behinderungen, ihre Übereinstimmung mit Anforderungen des ‚Designs für Alle‘, soziale, umweltbezogene und innovative Eigenschaften sowie Vertriebs- und Handelsbedingungen (...)“

Die Regelung zum Verweis auf Gütezeichen gilt auch für die Verwendung von Zuschlagskriterien (§ 43 Abs. 7 UVgO) und Ausführungsbedingungen (§ 45 Abs. 3 UVgO).

§ 43 Abs. 4 UVgO (Lebenszykluskosten)

„Der Auftraggeber kann vorgeben, dass das Zuschlagskriterium ‚Kosten‘ auf der Grundlage der Lebenszykluskosten der Leistung in entsprechender Anwendung des § 59 der Vergabeverordnung berechnet wird.“

In einigen Bundesländern ist noch die VOL/A 1. Abschnitt in Kraft, die wesentlich weniger Regelungen in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte enthält:
VOL/A (Abschnitt 1) § 16 Abs. 8:

„(...) [D]urch den Auftragsgegenstand gerechtfertigte Kriterien, beispielsweise Qualität, Preis, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Betriebskosten, Lebenszykluskosten (...)“ können in allen Phasen der öffentlichen Ausschreibungen genutzt werden. Der sachliche Zusammenhang zum Auftragsgegenstand muss allerdings genauso wie die Verhältnismäßigkeit zwischen dem zu kaufenden Produkt und den Forderungen bezüglich des Produktionsprozesses gegeben sein.

Ab einem Auftragswert von 25.000 € ist zudem die Vergabestatistikverordnung (VergStatVO) zu beachten. Diese verpflichtet seit dem 1.10.2020 öffentliche Auftraggeber nach Zuschlagserteilung zur Versendung von Informationen über den vergebenen Auftrag. Zweck dieser Regelung ist es insbesondere, mehr über das öffentliche Beschaffungswesen in seiner konkreten Ausprägung zu erhalten, aber auch um Informationen über mögliche ökologische, soziale oder innovative Nachhaltigkeitsaspekte zu gewinnen. Auftraggeber haben daher in ihrer Meldung an das statistische Bundesamt anzugeben, ob die vorgenannten Aspekte als Eignungs- oder Zuschlagskriterien bzw. in der Leistungsbeschreibung oder den Ausführungsbedingungen verwendet wurden. 

Daneben gibt es eine Reihe von Regelungen, die (bezogen auf den jeweiligen Beschaffungsgegenstand und die Art des öffentlichen Auftraggebers) Vorgaben zu bestimmten Nachhaltigkeitsaspekten enthalten:

  • Allgemeine Verwaltungsvorschriften zur Beschaffung energieeffizienter Produkte und Dienstleistungen  (AVV EnEff)
    (verbindlich nur für Beschaffung des Bundes)

  • Regierungsprogramm Elektromobilität: Emissionen handelsüblicher Dienstwagen sollen 130g CO2/km oder weniger betragen
    (Verbindlich nur für Beschaffung des Bundes)

  • Im Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit verschreibt sich die Bundesregierung der weiteren Ausrichtung ihrer Beschaffung am Leitprinzip der Nachhaltigkeit. Konkrete Ziele werden unter Maßnahme 2 und insbesondere 6 formuliert. Diese umfassen Kennzahlen zur Beschaffung von Recyclingpapier oder nachhaltig produzierten Textilien.

  • Gemeinsamer Erlass zur Beschaffung von Holzprodukten
    „Holzprodukte, die durch die Bundesverwaltung beschafft werden, müssen nachweislich aus legaler und nachhaltiger Waldbewirtschaftung stammen. Der Nachweis ist vom Bieter durch Vorlage eines Zertifikats von FSC, PEFC, eines vergleichbaren Zertifikats oder durch Einzelnachweise zu erbringen.“

  • § 45 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG):
    „(1) Die Behörden des Bundes sowie die der Aufsicht des Bundes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Sondervermögen und sonstigen Stellen sind verpflichtet, […]
    (2) […] Erzeugnissen den Vorzug zu geben, die
    1. in rohstoffschonenden, energiesparenden, wassersparenden, schadstoffarmen oder abfallarmen Produktionsverfahren hergestellt worden sind,
    2. durch Vorbereitung zur Wiederverwendung oder durch Recycling von Abfällen, insbesondere unter Einsatz von Rezyklaten, oder aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt worden sind,
    3. sich durch Langlebigkeit, Reparaturfreundlichkeit, Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit auszeichnen oder
    4. im Vergleich zu anderen Erzeugnissen zu weniger oder schadstoffärmeren Abfällen führen oder sich besser zur umweltverträglichen Abfallbewirtschaftung eignen.“

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