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EU-Vergaberichtlinien (RL 2014/24/EU) und GPA

Mit der am 18. April 2016 in Kraft getretenen Reform des Vergaberechts auf Bundesebene wurde das Richtlinienpaket der Europäischen Union zum Vergaberecht aus dem Jahr 2014 (RL 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe) weitgehend spiegelbildlich umgesetzt. Neben diesen EU-Vergaberichtlinien dient auch das sog. „Agreement on Government Procurement“ (GPA) der Öffnung der Beschaffungsmärkte. Das Übereinkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag, den die EU mit anderen Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) abgeschlossen hat. Ziel ist die Schaffung eines diskriminierungsfreien und transparenten Wettbewerbs im öffentlichen Vergabewesen auf internationaler Ebene. Diese völkerrechtlichen Vorgaben sind in den EU-Vergaberichtlinien zu finden. Insbesondere die Schwellenwerte der Richtlinien orientieren sich an den in diesem Abkommen festgelegten Schwellenwerten auf Grundlage von sog. Sonderziehungsrechten.

Durch die EU-Vergaberichtlinien soll das Beschaffungsverfahren einfacher und flexibler, eine elektronische Abwicklung gesichert und kleinere sowie mittelständische Unternehmen gefördert werden. Zusätzlich sollen soziale und umweltpolitische Ziele eine stärkere Berücksichtigung in Vergabeverfahren finden. Dies ist zurückzuführen auf Art. 3 Abs. 5 EUV, nach dem die Union ihre Werte und Interessen fördert und „(…) einen Beitrag zu Frieden, Sicherheit, globaler nachhaltiger Entwicklung, Solidarität und gegenseitiger Achtung unter den Völkern, zu freiem und gerechtem Handel (…)“ leistet. Der Aspekt der „Nachhaltigkeit“ spielt somit bei dem Beschaffungsvorgang eine wichtige Rolle: In den verschiedenen Stufen des Vergabeverfahrens – von der Leistungsbeschreibung über die Festlegung von Eignungs- und Zuschlagskriterien bis hin zu den Bedingungen der Ausführung – können qualitative, soziale, umweltbezogene oder innovative Gesichtspunkte für die Vergabe öffentlicher Aufträge einbezogen werden.

Die Nachhaltigkeitskriterien ergeben sich aus den nachfolgenden Regelungen der Vergabekoordinierungsrichtlinie (RL 2014/24/EU):  

• Ein Bezug zu internationalen Sozial- und Umweltstandards wird in den Vergabegrundsätzen hergestellt. Durch Art. 18 Abs. 2 wird die Einhaltung der in Anhang X der EU-Vergaberichtlinie genannten umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Verpflichtungen zukünftig ebenso als vergabe-rechtlicher Grundsatz anerkannt wie Transparenz, Nichtdiskriminierung und Verhältnismäßigkeit.

• Werden die geltenden Verpflichtungen in Art. 18 Abs. 2 nicht eingehalten, können nach Art. 57 Abs. 4 Buchstabe a Wirtschaftsteilnehmer von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Die einzelnen Mitgliedstaaten können ferner bei der Umsetzung in nationales Recht festlegen, dass in einem solchen Fall der öffentliche Auftraggeber verpflichtet ist, den entsprechenden Bieter auszuschließen.

• Eine weitere Berücksichtigung des Aspekts der Nachhaltigkeit findet sich in Art. 42 Abs. 3 Buchstabe a. Danach sind „(…) die technischen Spezifikationen (…) in Form von Leistungs- oder Funktionsanforderungen, einschließlich Umweltmerkmalen, (…) zu ermöglichen (…)“.

• Im Rahmen der Bewertung eines wirtschaftlich günstigsten Angebots auf der Grundlage des Preises oder der Kosten, bezieht der öffentliche Auftraggeber qualitative, umweltbezogene und/oder sozialer Aspekte mit ein (Art. 67 Abs. 2).

• Öffentliche Auftraggeber können nach Art. 70 besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags festlegen. „Diese Bedingungen können wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange umfassen“.

• Nach dem Erwägungsgrund 75 der Richtlinie sollten öffentliche Auftraggeber, die beabsichtigen, Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen mit spezifischen umweltbezogenen, sozialen oder sonstigen Merkmalen zu erwerben, auf bestimmte Gütezeichen Bezug nehmen können, wie etwa das europäische Umweltzeichen, (multi)nationale Umweltzeichen oder andere Gütezeichen, sofern die Anforderungen für den Erwerb des Gütezeichens einen Bezug zum Auftragsgegenstand aufweisen.

• Aus dem Erwägungsgrund 97 der Richtlinie ergibt sich die Möglichkeit, dass von den öffentlichen Auftraggebern in den verschiedenen Vergabephasen Anforderungen an soziale Produktions- oder Bereitstellungsbedingungen, d.h. von der Gewinnung der Rohstoffe für die Ware bis zur Entsorgung der Ware, gestellt werden dürfen.

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