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Nationaler Rahmen: Im Oberschwellenbereich relevante Gesetze

Der Oberschwellenbereich wird vor allem durch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) bestimmt. Dieses trifft in seinem 4. Abschnitt allgemeine Regelungen zur Durchführung von Vergabeverfahren und regelt insbesondere wann im Einzelfall kein Verfahren durchzuführen ist.
Die Vergabeverordnung (VgV) regelt dann im speziellen die Vergabe von Dienst- und Lieferleistungen.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) (zuletzt geändert durch Ar
t. 10 Abs. 2 G v. 27.7.2021):

§ 97 Abs. 3 GWB:

„Bei der Vergabe werden (...) soziale und umweltbezogene Aspekte (...) berücksichtigt“

Vergabeverordnung (VgV) (Zuletzt geändert durch Art. 2 G v. 9.6.2021):

§ 31 Abs. 3 VgV (Leistungsbeschreibung):

„Die Merkmale können auch Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte betreffen. Sie können sich auch auf den Prozess oder die Methode zur Herstellung oder Erbringung der Leistung oder auf ein anderes Stadium im Lebenszyklus des Auftragsgegenstandes einschließlich der Produktions- und Lieferkette beziehen, auch wenn derartige Faktoren keine materiellen Bestandteile der Leistung sind, sofern diese Merkmale in Verbindung mit dem Auftragsgegenstand stehen und zu dessen Wert und Beschaffungszielen verhältnismäßig sind.“

§ 34 Abs. 1 VgV (Nachweisführung durch Gütezeichen):

„Als Beleg dafür, dass eine Liefer- oder Dienstleistung bestimmten, in der Leistungsbeschreibung geforderten Merkmalen entspricht, kann der öffentliche Auftraggeber die Vorlage von Gütezeichen nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 verlangen.“

Im Vergleich zur bisher geltenden Regelung erlaubt § 34 VgV nun die Verwendung von Gütezeichen als Nachweis, sofern diese den Anforderungen des § 34 Abs. 2 VgV entsprechen. Dabei handelt es sich um Anforderungen, die die Transparenz des Verleihungsprozesses und die Unabhängigkeit der zertifizierenden Organisation sicherstellen sollen.

Umstritten ist, ob daneben der öffentliche Auftraggeber auch berechtigt ist, pauschal auf ein Gütezeichen zu verweisen, um seine Anforderungen an den Leistungsgegenstand zu beschreiben. Während die Regelung der VgV nur von einer Verwendung des Gütezeichens als „Beleg“ spricht, lässt Erwägungsgrund 75 der Richtlinie 2014/24/EU auch eine „Bezugnahme“ zu.

Wenn eine Bezugnahme auf ein Gütezeichen stattfindet, aber nicht alle Anforderungen des Gütezeichens aus Sicht des Auftraggebers erfüllt werden müssen, um dem Leistungsverzeichnis zu genügen, ist der öffentliche Auftraggeber gem. § 34 Abs. 3 VgV jedoch verpflichtet, die betreffenden Anforderungen zu benennen. Dies gilt gleichermaßen gem. § 24 Abs. 3 UVgO auch in der Unterschwelle.

§ 58 Abs. 2 VgV (Zuschlag und Zuschlagskriterien):

„Die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots erfolgt auf der Grundlage des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses. Neben dem Preis oder den Kosten können auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Zuschlagskriterien berücksichtigt werden, insbesondere:

1. die Qualität, einschließlich des technischen Werts, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Zugänglichkeit der Leistung insbesondere für Menschen mit Behinderungen, ihre Übereinstimmung mit Anforderungen des ‚Designs für Alle‘, soziale, umweltbezogene und innovative Eigenschaften sowie Vertriebs- und Handelsbedingungen (...)“

Die Regelung zum Verweis auf Gütezeichen gilt auch für die Verwendung von Zuschlagskriterien (§ 58 Abs. 4 VgV) und Ausführungsbedingungen (§ 61 VgV).

§ 59 Abs. 1 VgV (Lebenszykluskosten):

„Der öffentliche Auftraggeber kann vorgeben, dass das Zuschlagskriterium ‚Kosten‘ auf der Grundlage der Lebenszykluskosten berechnet wird.“

Daneben gibt es eine Reihe von Regelungen, die (bezogen auf den jeweiligen Beschaffungsgegenstand und die Art des öffentlichen Auftraggebers) Vorgaben zu bestimmten Nachhaltigkeitsaspekten enthalten:

  • Allgemeine Verwaltungsvorschriften zur Beschaffung energieeffizienter Produkte und Dienstleistungen (AVV EnEff)
    (verbindlich nur für Beschaffung des Bundes)

  • Regierungsprogramm Elektromobilität: Emissionen handelsüblicher Dienstwagen sollen 130g CO2/km oder weniger betragen
    (verbindlich nur für Beschaffung des Bundes)

  • Im Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit verschreibt sich die Bundesregierung der weiteren Ausrichtung ihrer Beschaffung am Leitprinzip der Nachhaltigkeit. Konkrete Ziele werden unter Maßnahme 2 und insbesondere 6 formuliert. Diese umfassen Kennzahlen zur Beschaffung von Recyclingpapier oder nachhaltig produzierten Textilien.

  • Gemeinsamer Erlass zur Beschaffung von Holzprodukten:
    „Holzprodukte, die durch die Bundesverwaltung beschafft werden, müssen nachweislich aus legaler und nachhaltiger Waldbewirtschaftung stammen. Der Nachweis ist vom Bieter durch Vorlage eines Zertifikats von FSC, PEFC, eines vergleichbaren Zertifikats oder durch Einzelnachweise zu erbringen.“

  • § 45 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG):
    „(1) Die Behörden des Bundes sowie die der Aufsicht des Bundes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Sondervermögen und sonstigen Stellen sind verpflichtet, […]
    (2) […] Erzeugnissen den Vorzug zu geben, die
    1. in rohstoffschonenden, energiesparenden, wassersparenden, schadstoffarmen oder abfallarmen Produktionsverfahren hergestellt worden sind,
    2. durch Vorbereitung zur Wiederverwendung oder durch Recycling von Abfällen, insbesondere unter Einsatz von Rezyklaten, oder aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt worden sind,
    3. sich durch Langlebigkeit, Reparaturfreundlichkeit, Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit auszeichnen oder
    4. im Vergleich zu anderen Erzeugnissen zu weniger oder schadstoffärmeren Abfällen führen oder sich besser zur umweltverträglichen Abfallbewirtschaftung eignen.“

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